Transgenerationale Muster: Wenn alte Gefühle weiterleben

Blogartikel "Transgenerationale Muster: Wenn alte Gefühle weiterleben"

Inhaltsverzeichnis

Wenn Interessierte mit ihren Themen zu mir ins Erstgespräch kommen und ich ihnen erzähle, wie wichtig die Einbeziehung der Familiengeschichte ins Coaching ist, höre ich oft: „Aber das ist doch ewig her. Die kenne ich ja gar nicht!“ oder: „Was soll das mit meinen heutigen Problemen zu tun haben?“. 

Auch wenn die Begriffe „transgenerationale Muster“ oder „transgenerationale Traumata“ mittlerweile häufiger genannt werden, können sich viele oft nur schwer vorstellen, dass Erlebnisse, die Generationen zurückliegen, wie z. B. Krieg, Verlust, Flucht, Hunger oder Gewalt, in ihnen weiterwirken und sich in heutigem Schmerz, Ängsten oder auch Verhaltensmustern zeigen.

Doch genau das passiert, wenn Gefühle nicht ausgedrückt und gelöst werden können und sie in Körpersprache, Erziehung, Werten, Glaubenssätzen oder in der Art, wie wir lieben, trauern oder Angst empfinden, an nachfolgende Generationen weitergegeben werden.

In diesem Artikel liest du die Geschichte von Lara. Lara und ihre Geschichte sind fiktiv. Sie steht stellvertretend für all diejenigen, die fühlen, ohne genau zu wissen, warum. Diese Geschichte soll auf eine andere Art – erzählerisch – die Bedeutung und Auswirkungen transgenerationaler Muster etwas greifbarer zu machen:

Kapitel 1 – Der Anfang: 1943

Es war Winter, als Anna am Küchentisch saß und in die Stille lauschte. Draußen peitschte der Wind gegen die Fenster, drinnen wärmte nur ein schwacher Ofen. Ihr Verlobter Karl war an der Front, seit Monaten hatte sie nichts von ihm gehört. Zwei ihrer Brüder waren bereits gefallen, ihre Mutter stand täglich am Fenster, den Blick leer in die Ferne gerichtet.

Anna lebte in ständiger Anspannung. Der Hunger nagte, Bomben fielen, Nachrichten kamen selten und wenn, dann mit schwarzem Rand. Die Angst grub sich tief in ihren Körper ein. Mit jeder schlaflosen Nacht, jedem plötzlichen Knall, jedem Abschied.

Als Karl schließlich zurückkehrte, war er ein anderer Mensch. Sein Körper lebte, aber seine Seele war im Krieg geblieben. Anna spürte, dass sie ihn nicht erreichen konnte. Und weil sie ihn nicht verlieren wollte, schwieg sie. Sie verschloss – wie Karl – ihre eigenen Gefühle, die Trauer, die Angst, die Wut, tief in sich, um zu überleben.

Kapitel 2 – Die Tochter

Ihre Tochter Maria wuchs in einer Welt auf, die äußerlich wieder heil schien. Doch im Haus lag eine Spannung, die keiner benennen konnte. Anna lachte, kochte, sorgte. Ihr Lächeln war aber angespannt. Maria lernte früh, dass sie Gefühle besser für sich behält.

Wenn sie nachts weinte, legte Anna ihr die Hand auf die Schulter und flüsterte: „Sei tapfer, mein Mädchen.“. Tapfer sein bedeutete: nichts zeigen, durchhalten, stark bleiben.

Maria spürte die Angst der Mutter, ohne sie zu verstehen. Und sie trug sie in sich, als wäre sie ihre eigene. So wurde aus der Kriegsangst von damals ein stiller Begleiter einer neuen Generation.

Kapitel 3 – Die Enkeltochter

Lara wurde Jahrzehnte später geboren – in Frieden, Sicherheit und Wohlstand. Kein Krieg, keine Bomben, keine Hungerwinter. Und doch lebte in ihr eine ständige Unruhe. Eine leise Angst, jemanden zu verlieren, eine innere Wachsamkeit, als könnte jeden Moment etwas passieren.

Sie konnte sich selbst nicht erklären, warum sie so stark reagierte, wenn ein geliebter Mensch sich zurückzog oder einfach nicht ans Telefon ging. Sie wusste nur: Etwas in ihr geriet in Panik.

Was Lara nicht wusste: Die Erfahrungen ihrer Großmutter hatten Spuren hinterlassen. Nicht nur in Erziehung, Worten und Verhaltensweisen, sondern auch in ihrem Körper.

Heute wissen wir, dass schwere Belastungen, Ängste und Traumata epigenetisch wirken können. Sie verändern die Genaktivität, also die „Schalter“, die steuern, wie unser Körper auf Stress und Gefahr reagiert. So können frühere Erfahrungen über Generationen hinweg spürbar bleiben, auch wenn sie nie ausgesprochen wurden.

Laras Nervensystem kannte also eine Alarmbereitschaft, die nicht aus ihrem eigenen Leben stammte, sondern aus einer fernen, nicht verarbeiteten Angstgeschichte.

Kapitel 4 – Die unsichtbare Weitergabe

Die Angst, die Anna einst nicht zeigen durfte, und die Stärke, mit der Maria sie überdeckte, hatten sich weitergetragen. Still, leise, zuverlässig.

Durch Worte wie: „Reiß dich zusammen.“, durch Blicke, die sagten: „Bleib stark.“, durch Stimmungen, in denen Nähe und Sicherheit nie ganz selbstverständlich waren. Und durch eigenetische Spuren, die der Körper erinnerte, auch wenn der Verstand nichts davon wusste.

Doch so, wie sich Angst und Anspannung weitergeben können, kann auch Ruhe, Vertrauen und Verbundenheit weitergegeben werden, wenn das, was einmal unaussprechlich war, endlich Raum bekommt und gelöst wird.

Kapitel 5 – Das Lösen

Eines Tages begann Lara, Fragen zu stellen. Sie wollte verstehen, woher diese Unruhe kam. Sie tauchte in die Geschichte ihrer Familie ein, sprach mit ihrer Mutter über deren Kindheit, und begann zu begreifen, wie eng die Leben ihrer Vorfahren mit ihrem eigenen verwoben sind.

Je mehr sie verstand, desto mehr konnte sie fühlen. Nicht als Opfer, sondern als Teil einer Geschichte, die sie nun durch bewusste Verarbeitung fortschreiben konnte.

Heute spürt sie, dass sie sie selbst ist und ihr Leben aktiv gestalten kann. Und mit diesem Gefühl und Wissen verändert sie nicht nur ihr eigenes Leben, sondern auch das der Generationen, die nach ihr kommen.

Fazit - Muster und Traumata sind kein Schicksal

Transgenerationale Muster und Traumata sind kein Schicksal. Sie können vielmehr verstanden, gewürdigt und gelöst werden. Durch bewusstes Hinsehen, Anerkennen dessen, was war und systemische Arbeit.

Wenn du beginnst hinzuschauen, löst du nicht nur das Gestern, sondern veränderst außerdem dein Heute und das Morgen.

FAQ: Die 3 wichtigsten Fragen

1. Was genau sind transgenerationale Muster?
Es sind emotionale und biologische Spuren früherer Erfahrungen, die sich über Generationen weitergeben. Durch Erziehung, Werte, Glaubenssätze, Verhaltensweisen und epigenetische Veränderungen.

2. Wie erkenne ich, dass etwas aus meiner Familiengeschichte wirkt?
Wenn du Gefühle oder Reaktionen erlebst, die stärker sind als die Situation selbst, du dir nicht erklären kannst, woher das auftauchende Thema, oder eine Angst kommt
oder wenn sich Themen in deiner Familie wiederholen, kann das ein Hinweis auf ein altes Muster sein.

3. Kann man solche Muster wirklich lösen?
Ja, indem man die Geschichte anerkennt, vorhandene Verletzungen löst, neues Verhalten und Gefühl entwickelt und dadurch neue Erfahrungen ermöglicht – auf körperlicher, emotionaler und mentaler Ebene. SystemEmpowering und systemische Arbeit helfen dabei,
alte Ängste, Glaubenssätze und Reaktionsmuster nachhaltig zu verändern.

Die drei wichtigsten Aspekte

  • Transgenerationale Muster entstehen auf mehreren Ebenen:
    emotional, sozial, verhaltensbezogen und epigenetisch.

  • Alte Gefühle können verstanden und gelöst werden:
    durch Bewusstheit, Würdigung und gezielte systemische Arbeit.

  • Verarbeitung geschieht über Generationen hinweg:
    Wenn eine Person hinschaut, kann sich das ganze System beruhigen.

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Über mich

Anmeldung zum Newsletter von Eileen Lachmann I Coaching & Mediation, Holtenauer Straße 227, 24106 Kiel

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