Eine Familie kann uns Halt und Geborgenheit geben, Wärme, Austausch, Rat in schwierigen Momenten – und vor allem ein Zuhause. Treten aber Konflikte, Ängste, Sorgen oder ungelöste Verletzungen auf, kann dieser Ort der Sicherheit schnell ins Wanken geraten. Dabei sind Konflikte nicht immer „hausgemacht“. Auch externe Einflüsse, wie die zurückliegende Corona-Zeit, können Familien vor Herausforderungen stellen, die das harmonische Miteinander erschweren können.
Hier kann ein systemisches Familiencoaching eine wertvolle Möglichkeit sein, um Familien bei der Bewältigung von Konflikten, der Verbesserung der Kommunikation und der Stärkung ihrer Bindungen zu unterstützen.
Systemisches Familiencoaching: Was ist das?
Familiencoaching ist eine professionelle Unterstützung für (Patchwork-)Familien, die dabei hilft, ihre Beziehungen zu stärken, Konflikte zu lösen und positive Veränderungen herbeizuführen. Ein Familiencoach arbeitet systemisch, also mit der gesamten Familie, einzeln wie auch gemeinsam, um alle Einflüsse und Ursachen innerhalb der Familie wie auch extern zu finden. Gemeinsam werden Ziele gesetzt und Strategien entwickelt, um diese Ziele zu erreichen.
Methodisch kommen, je nach Coach, verschiedene Ansätze zum Einsatz. Hier kann bereits die Auseinandersetzung mit den Themen innerhalb der Familie hilfreich sein sowie eine veränderte Kommunikation untereinander. Meiner Erfahrung nach geht es oft jedoch über das Zusammenspiel von Eltern und Kindern hinaus, da z. B. auch Konflikte mit den Großeltern in die Familie hineinwirken können.
Möglich ist auch, dass Konflikte, Sorgen, Ängste und Themen, wie z. B. Eifersucht, bereits seit Generation von einer in die nächste Familie mitgegeben werden, ohne dass uns das bewusst ist (lies hierzu den Blogartikel „Epigenetik: wie unsere Vorfahren uns prägen“). In diesem Fall kann SystemEmpowering, eine systemische Coachingmethode, sinnvoll sein, da diese die Einflüsse des gesamten Familiensystems in die Arbeit mit einbezieht.
Die Themen im Familiencoaching sind vielfältig, z. B.:
- Gefühl, ungerecht behandelt zu werden
- Eifersucht
- Uneinigkeit der Eltern in Erziehungsfragen
- Zusammenwachsen als Patchworkfamilie
- Fehlende Zugehörigkeit zueinander
- Allgemeine Überforderung
- Fehlen von Wertschätzung und Respekt im gegenseitigen Umgang
Weitere Themen findet ihr auf meiner Themenseite.
Ziele des Familiencoachings
Im systemischen Familiencoaching geht es insbesondere um diese Ziele:
- Verbesserung der Kommunikation: Durch das Coaching lernen Familienmitglieder, effektiver miteinander zu kommunizieren und Konflikte konstruktiv zu lösen.
- Stärkung des Familienbands: Das Coaching zielt darauf ab, das Verständnis und die Verbundenheit innerhalb der Familie zu stärken.
- Bewältigung von Konflikten: Der Coach unterstützt Familien dabei, Konflikte zu identifizieren, zu verstehen und zu lösen.
- Entwicklung neuer Verhaltensmuster: Familien lernen, gesunde Verhaltensweisen zu etablieren, um positive Veränderungen im Familienleben zu erreichen.
Was für ein systemisches Familiencoaching spricht
- Individuelle Unterstützung: Jede Familie ist einzigartig, und das Coaching wird auf ihre spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten.
- Neutraler Blick von außen: Sind Familienmitglieder verletzt und konfliktbelastet, ist typischerweise ein unbelasteter, neutraler Blick nicht oder nur schwer möglich. Jeder sieht aus seiner „Brille“, hat seine eigene Sichtweise. Ein Coach ist den Familienmitgliedern gegenüber unbefangen, gibt die wichtigen Rückmeldungen von außen und leitet neutral durch den Veränderungsprozess.
- Erkenntnisse zu Verhalten und Mustern und mehr Verständnis zu sich selbst.
- Langfristige Veränderungen: Das Ziel ist es, langfristige positive Veränderungen herbeizuführen, die über den Coaching-Prozess hinaus Bestand haben.
- Stärkung des Familienbands: Durch das Coaching können Familien ihre Bindungen stärken und ein unterstützendes Umfeld schaffen.
Was gegen ein systemisches Familiencoaching sprechen könnte
- Widerstand gegen Veränderung: Für eine Veränderung als Familie wird es typischerweise gebraucht, dass alle Familienmitglieder offen für den Lern- und Veränderungsprozess sind. Gibt es Familienmitglieder, die diesen Prozess ablehnen, kann der Prozess erschwert werden. Wird vielleicht noch etwas gebraucht, damit das betreffende Familienmitglied gut mit im Coachingprozess sein und daran teilnehmen kann? Sinnvoll kann hier außerdem ein Einzelcoaching sein, um erste Veränderungen zu bewirken.
- Zeit und Engagement: Das Coaching erfordert Zeit und Engagement von allen Beteiligten, was für manche Familien eine Herausforderung darstellen kann.
- Kosten: Ein Coaching kann außerdem kostenintensiv sein und für einige Familien möglicherweise finanziell nicht erreichbar sein.
Ablauf eines Familiencoachings
Die Methoden, mit denen Familiencoaches arbeiten, sind, wie du schon gelesen hast, vielfältig. Typischerweise besteht der Prozess aus diesen Schritten:
Das (kostenfreie) Erstgespräch
Ihr lernt euch und die Methode erst einmal kennen und bekommt hier schon einen ersten Eindruck. Außerdem sprecht ihr über den konkreten Ablauf des Coachings, in welchem Abstand ihr arbeitet, ob ein Einzelcoaching sinnvoll sein kann, in welchem Rahmen ihr als Familie im Coaching zusammenkommt und über das Honorar.
Der Veränderungsprozess
Spätestens im ersten Termin formuliert ihr euer Ziel für den Coachingprozess und geht dann in die Auseinandersetzung mit eurem Thema. Je nach Methode kann das eine Bearbeitung auf Sach- bzw. Verhaltensebene sein, aber auch eine tiefergehende Verarbeitung der vorhandenen Themen. Im SystemEmpowering-Coaching beginnt das Coaching in der Regel erst einmal mit den Eltern, damit sie gestärkt werden. Aus dieser Stärke heraus ist oft schon ein anderer Umgang mit den Kindern möglich. Eure Kinder werden aber auch spüren, wenn ihr euch verändert, entspannter und gelassener werdet. Das wird auch ihnen gut tun.
Abschluss und Reflexion
Worauf sollten Familien bei der Suche nach einem Familiencoach achten?
Zum Schluss reflektiert ihr gemeinsam, ob euer Ziel erreicht ist oder woran es vielleicht noch fehlt. Wird noch etwas gebraucht, um das gemeinsame Ziel zu erreichen, besprecht ihr, was dazu noch nötig ist und wie ihr hier weiter vorgeht.
- Erfahrung und Qualifikation: Hat ein Coach Erfahrung in der Familienarbeit und die entsprechenden Qualifikationen, wird er die betreffenden oder ähnliche Themen bereits kennen und einen Blick für das beste Vorgehen und mögliche Hürden haben.
- Empathie und Vertrauen: Ein guter Coach sollte empathisch sein und ein Vertrauensverhältnis zu der Familie aufbauen können.
- Passende Coaching-Methode: Einige Coaches bieten kostenfreie Erstgespräche an, die helfen, einen Eindruck von dem Coach und auch von der Methode zu bekommen. Prüfe, ob der Coach ein Coaching-Modell verwendet, das zu euren Zielen und Bedürfnissen passt.
- Chemie: Nicht zuletzt darf und muss die Chemie zwischen Coach und Familie stimmen. Im Coaching geht es häufig um sehr persönliche, teilweise schwere Themen. Fragt euch: Fühlt ihr euch wohl, gut aufgehoben und verstanden?
- Tipp: Lasst das Gesehene und Gehörte sacken. Hier ist das Bauchgefühl in der Regel richtig.
Fazit
Systemisches Familiencoaching ist eine wirksame Methode, um Familien ganzheitlich dabei zu unterstützen, ihre Beziehungen zu stärken, Konflikte zu lösen und positive Veränderungen herbeizuführen.
Während es Herausforderungen geben kann, wie Widerstand gegen Veränderung und den Zeitaufwand, kann das positive Ergebnis und ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl für die Familie den Aufwand lohnen. Entscheidet ihr euch für ein Familiencoaching, wählt einen qualifizierten Coach, dem ihr vertraut und in dessen Rahmen ihr bereit seid, euch auf den Prozess einzulassen. Die Investition in die Stärkung eurer Familie wird sich langfristig auszahlen.
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