Abgrenzung: Stimmig „Nein“ sagen

Blogartikel "Abgrenzung: Stimmig „Nein“ sagen"

Inhaltsverzeichnis

Ursachen finden und auflösen

„Nein.“ ist ein kompletter Satz und braucht weder eine Erklärung noch eine Entschuldigung.

Kennst du das Thema? Vielleicht aus deiner Familie oder aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis? Aus deiner Beziehung oder aus dem Job? Oftmals wissen wir, dass es richtig ist, „Nein“ zu sagen und uns abzugrenzen, schaffen es jedoch nicht, es (mit einem guten Gefühl) auszusprechen und bleiben dann bei einem unstimmigen „Ja“, obwohl wir wieder einmal über unsere Grenzen gehen und im schlimmsten Fall an uns selbst Raubbau betreiben statt klar für uns, unsere Werte und Bedürfnisse einzutreten.

Weshalb „Nein“ sagen wichtig ist, worin die Ursachen liegen können und wie du es schaffst, diese zu erkennen und dich erfolgreich abzugrenzen, erfährst du hier.

"Nein" sagen und Abgrenzung sind wichtig!

Ein "Nein" schützt uns(ere Grenzen)

Ein „Nein“ schützt uns, unsere Grenzen und die eigenen Kräfte. Ein „Nein“ setzt unserem Gegenüber ein klares Zeichen dafür, bis zu welchem Punkt wir zu gehen bereit sind. Dabei hat jeder seine eigenen individuellen Werte und Grenzen, die es zu akzeptieren gilt.

Die Situationen, in denen eine klare Abgrenzung wichtig sein kann, sind vielfältig. Wir werden zum Beispiel um Hilfe gebeten oder Unterstützung ohne zu fragen eingefordert, eine Aufgabe im Job wird delegiert oder umverteilt, ohne darauf zu achten, ob die nötigen Ressourcen dafür vorhanden sind oder Klatsch und Tratsch ungefragt an uns weitergegeben..

Merken wir, dass wir uns in solchen Situationen unwohl fühlen, weil wir beispielsweise unsere Energie für uns selbst brauchen oder das Verhalten anderer die eigenen Werte und Bedürfnisse verletzt, ist es eigentlich dran, für uns einzutreten. Ich schreibe bewusst „eigentlich“, da meiner Erfahrung nach oftmals die Fähigkeit bzw. die innere Erlaubnis dazu fehlt, aus vollem Herzen „Nein“ zu sagen, ohne dass sich ein schlechtes Gewissen, ein ungutes Gefühl oder Angst vor der Reaktion des anderen breit macht.

Auch die Konsequenzen eines „Jas“ statt eines „Neins“ können vielfältig sein. Sagen wir immer wieder „Ja“ statt „Nein“, kann das Übergehen der eigenen Grenzen und Bedürfnisse emotionale Folgen haben, wie z. B. Ärger, Traurigkeit, Frust und Wut, aber auch körperliche Auswirkungen, z. B. Überlastung und Erschöpfung, weil uns selbst die Kraft zum Weitermachen fehlt.

Weshalb uns ein "Nein" oft schwer fällt

Gründe dafür, weshalb wir statt „Nein“zu sagen schweigen oder sogar „Ja“ sagen, gibt es zahlreiche. Oft sind sie in unserer Familiengeschichte zu finden. Die Forschungen im Rahmen der Epigenetik haben bereits gezeigt, dass Erfahrungen und auch Ängste vererbbar sind (mehr dazu im Artikel „Epigenetik: Wie unsere Vorfahren uns prägen“). Einige Beispiele, die ich auch aus meiner eigenen Geschichte kenne, die sich aber auch in Coachings immer wieder zeigen, sind der Wunsch nach Harmonie, das „Helfersyndrom“ und die fehlende Erlaubnis dazu, „Nein“ zu sagen.

Der Wunsch nach Harmonie

Der Wunsch nach Harmonie kann dazu führen, dass wir unbewusst lieber „Ja“ statt „Nein“ sagen. Statt einer Diskussion, einer Auseinandersetzung, eines Streits oder einer Erklärung, die vielleicht von uns im Fall einer Abgrenzung verlangt würde, gehen wir über unsere Grenzen hinweg und erhalten den „Frieden“ in unserem System, beispielsweise in der Beziehung, in der Familie oder im Job.

Dabei wird oft aus dem Blick verloren, dass es sich um eine vermeintliche Harmonie handelt und die Ursachen für das Schweigen oder Jasagen durch die Flucht in die Harmonie gedeckelt werden. Mögliche Gründe dafür können sein, dass

  • nicht gelernt wurde zu streiten, weil es die Eltern schon nicht konnten bzw. sie nicht wußten, auf welche Art und Weise konstruktiv Probleme gelöst werden können
  • im Elternhaus Streit, Diskussionen und Auseinandersetzungen jeglicher Art unterdrückt wurden
  • im Elternhaus gestritten worden ist und das Kind gelernt hat, dass die eigene Zurückhaltung oder sogar Vermittlung zwischen den Eltern dazu beitragen kann, dass es in der Familie wieder „harmonischer“ wird
  • unbewusst die Angst vor der Reaktion, zum Beispiel Ausgrenzung, besteht und (un-)bewusst befürchtet wird, der Reaktion nicht standhalten zu können.

Helfen/Retten wollen

Möglich ist auch, dass ein „Helfersyndrom“ wirkt. Jemandem zu helfen, kann etwas Schönes sein. Geht die Hilfe für andere jedoch über die eigenen Ressourcen hinaus, können eigene Kräfte im Laufe der Zeit so stark erschöpft sein, dass wir selbst Hilfe brauchen.

Auch hier können die Gründe in der Familiengeschichte verborgen liegen. Vielleicht ist unser eigenes Selbstwertgefühl zu gering, so dass wir es durch Rückmeldungen von außen unbewusst aufwerten wollen. Vielleicht suchen wir Anschluss (Zugehörigkeit; mehr dazu findest du im Abschnitt Systemgesetzte), weil die eigenen Wurzeln (Eltern, Großeltern) fehlen oder unvollständig sind. Möglich ist aber auch eine Überzeugung, ein Glaubenssatz der in uns wirkt, z. B. dass wir nur dann „gut“ sind, wenn wir erst an alle anderen um uns herum denken und zuletzt an uns. Würden wir zuerst an uns und unsere eigenen Bedürfnisse denken, wäre das doch schließlich egoistisch!?!

Darfst du Nein! sagen?

Eine weitere Möglichkeit, die ich aus meiner eigenen Geschichte, aber auch als Coach kenne, ist die fehlende Erlaubnis der Eltern bzw. Großeltern, also der Familie. War es bei unseren Vorfahren schon nicht gewollt oder aufgrund bestimmter Lebensumstände nicht möglich oder sogar gefährlich, sich abzugrenzen, kann diese Verhaltensweise an die nächste Generation weitergegeben worden sein (s. Artikel zur Epigenetik). Es fehlt in diesem Fall die innere Erlaubnis sich abgrenzen zu dürfen. Kriegserfahrungen der (Ur-)Großeltern können hier (wie auch für die weiteren oben genannten Punkte) Aufschluss geben.

Praxistipp: Diese Fragen können für Klarheit sorgen:

  • In welchen Situationen bzw. wem gegenüber kann ich mich nicht oder nur schwer abgrenzen?
  • Gibt es Glaubenssätze oder Überzeugungen über mich selbst, die es mir erschweren „Nein“ zu sagen?
  • Können sich meine (Groß-)Eltern gut abgrenzen?
  • Darf ich mich abgrenzen?
Blogartikel "Abgrenzung: Stimmig „Nein“ sagen"

Stimmig und früh genug "Nein" sagen

Veränderung auf 7 Ebenen

Um stimmig „Nein“ sagen und sich abgrenzen zu können, ist Veränderung auf sieben Ebenen möglich.

Wir können unsere Umgebung so gestalten, dass wir gar nicht erst in die Situationen kommen, uns abgrenzen zu müssen. Da wir aber selten die Möglichkeit haben, unsere Umgebung vollständig selbst gestalten zu können, wird es immer wieder Situationen geben, in denen ein Eintreten für uns selbst erforderlich sein wird und eine Veränderung auf dieser Ebene nicht ausreichend sein.

Darüber hinaus können wir unser Verhalten verändern oder durch ein veränderten Denken die Fähigkeit erlernen, „Nein“ statt „Ja“ zu sagen. Sind tiefer verwurzelte Themen die Ursache dafür, dass es uns nicht oder nur schwer gelingt, uns abzugrenzen, hilft ein rein rationales Umdenken möglicherweise eher kurzfristig.

Werden wir von Glaubenssätzen geleitet, z. B. „Nein sagen ist egoistisch“, oder Überzeugungen über uns selbst, z. B. „Ich bin nur gut, wenn ich helfe“, oder fehlt es uns an Ur-/Selbstvertrauen, gilt es solche hemmenden Glaubenssätze bzw. Überzeugungen zu finden, diese Blockaden aufzulösen und auch fehlendes Ur-/Selbstvertrauen wieder herzustellen. Die Ursachen hierfür sind oft in der Familiengeschichte und in der Verletzung unserer Grundbedürfnisse, auf der tiefsten Veränderungsebene, der Systemgesetzebene, zu finden.

Ursachen auf der Systemgesetzebene finden und lösen

Oft geht es meiner Erfahrung nach weniger darum, dass wir eine besondere Umgebung brauchen, um besser „Nein“ sagen zu können. Viemehr geht es in solchen Fällen darum, dass Ängste vor der Reaktion vom Außen, vor Ausschluss bestehen oder uns das Selbstvertrauen fehlt, für uns einzustehen. Die Fähigkeit zum stimigen „Nein“ sagen und zur Abgrenzung findet daher regelmäßig auf Systemgesetzebene statt.

Die Systemgesetzebene spiegelt unsere Bedürfnisse nach Zugehörigkeit, Wertschätzung, Respekt, Anerkennung bzw. Gerechtigkeit wider. Wurden diese Bedürfnisse in der Vergangenheit verletzt, also nicht oder zu wenig erfüllt, kann die Fähigkeit zum Neinsagen verlernt oder unstimmig geworden sein. Werden diese Verletzungen gelöst, kann auch wieder stimmig „Nein“ gesagt werden.

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Über mich

Eileen Lachmann, systemischer Coach und Mediatorin, Kiel, Hamburg, online

Hallo, ich bin Eileen, 45 Jahre alt, Juristin, systemischer Coach und Mediatorin in Kiel.

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