Einander wertschätzend Feedback zu geben, das ankommt, ist – privat wie beruflich – ein elementarer Bestandteil einer jeden Beziehung. Wenn wir es zulassen, gibt uns Feedback die Möglichkeit, mehr über uns selbst und unser Gegenüber zu erfahren. Wie nehmen wir uns wahr? Wie nimmt uns unser Gegenüber wahr? Was kann verbessert bzw. verändert werden? Oder kann alles so bleiben wie es ist? Feedback lässt uns damit immer wieder über uns hinauswachsen.
Privat wie beruflich habe ich viele Arten und Weisen, Feedback zu geben, kennen gelernt und es häufig auch selbst falsch gemacht. Ich habe Feedback in der „Du bist“-Botschaft erlebt, das als „Label“ und Vorwurf ankam und dadurch kein Gehör fand. Ich habe erlebt, dass ungefragt Feedback gegeben oder erbetenes Feedback nicht beachtet worden ist. Oft genug kam es auch vor, dass Feedback überhaupt nicht gegeben worden ist, z. B. aus Unwissenheit darüber, dass bzw. wie Feedback vorwurfsfrei gegeben und richtig ankommen kann oder auch aus Angst vor der Reaktion des Gegenübers.
Im Laufe der Zeit habe ich oft erlebt, wie wichtig Feedback für das eigene Wachstum ist und dass wertschätzendes und konstruktives Feedback auch die betreffende Beziehung wachsen lassen kann. Vielleicht fragst du dich nun: Wie kann Feedback gut ankommen und auch gut genommen werden?
Diese 4 W-Regeln für wertschätzendes Feedback, von Dr. Dieter Bischop, Gründer des Hanseatischen Instituts, entwickelt, haben sich im privaten wie beruflichen Kontext vielfach bewährt:
- Wertschätzende Haltung bei Feedbackgeber und Feedbacknehmer
- Wahrnehmung des Verhaltens beschreiben
- Wirkung (das körperliche Gefühl) beschreiben
- Wunsch/Forderung für die Zukunft an den Feedbacknehmer
1. Regel: Feedback geben mit wertschätzender Haltung
Erste Voraussetzung dafür, dass Feedback ankommen kann ist, dass es zwischen den Beteiligten grundsätzlich gut ist, also weder dicke Konflikte noch Verletzungen bestehen. Zum anderen ist die wertschätzenden Haltung desjenigen, der Feedback geben möchte, wichtig. An dieser Stelle kann es helfen sich daran zu erinnern, dass Ihr Gegenüber sein bzw. ihr Bestes in der Situation getan hat, was er oder sie konnte und in positiver Absicht zumindest für sich selbst gehandelt hat.
Auch für den Feedbacknehmer ist eine wertschätzende Haltung dem Feedbackgeber gegenüber hilfreich. Bist du Feedbacknehmer, denke daran, dass auch dein Gegenüber das Beste tut, was er/sie kann und dass Feedback zum Lernen und über sich hinauswachsen notwendig ist.
Beispiel: Verabreden sich zwei Freunde um 19.30 Uhr zum Kino und kommt einer von beiden 15 Minuten zu spät, könnte diese Verspätung bei dem anderen schon ein Augenrollen oder innere Anspannung verursacht haben. In diesem Fall lohnt es sich, die Verspätung anzusprechen, damit sie nicht „hängen bleibt“ und bei nächster Gelegenheit wieder gedanklich auftaucht. Schaffen Sie in solchen und ähnlichen Situationen Klarheit und sprechen Sie es direkt und wertschätzend an! Dann kann Ihre Verbindung gut und belastungsfrei bleiben.
2. Feedbackregel. Was hast du wahrgenommen?
Im nächsten Schritt beschreibst du, was du in der Situation, zu der Sie Feedback geben möchten, wahrgenommen hast. Nutze deine 5 Sinne und bleibe bei dir! Was hast du gehört, gesehen, geschmeckt, gefühlt, gerochen? Vermeide Interpretationen, Wertungen und „Du bist“-Botschaften. Sie führen typischerweise dazu, dass der andere sich damit unwohl fühlt und dein Feedback dadurch keine Chance mehr hat, gehört zu werden.
Wie hört sich das in der Praxis an? Beispielsweise so:
„Ich habe wahrgenommen, dass wir gestern besprochen haben, uns heute 19.30 Uhr vor dem Kino zu treffen. 19.45 Uhr warst du hier. Bei mir ist keine Benachrichtigung über eine Verspätung eingegangen.“
3. Feedbackregel: Wie ging es dir damit?
Statt in Erklärungen oder Rechtfertigungen zu gehen, weshalb du die Situation ansprichst, bleibe auch hier wieder bei dir. Was hat das wahrgenommene Verhalten, was haben die gehörten Worte (in unserem Fall das Zuspätkommen) mit dir körperlich gemacht? Welche Wirkung hatte es?
Übung: Nimm dir einen Moment Zeit und spüre in dich hinein. Hast du innerlich/äußerlich z. B. mit den Augen gerollt, warst du angespannt oder hast du gespürt, dass in dir Wut hochkommt?
Niemand möchte meiner Erfahrung nach, dass es jemandem schlecht geht. Es ist meine Erfahrung und feste Überzeugung, dass jeder in bester Absicht handelt, zumindest für sich selbst, aber nicht aus einer Böswilligkeit heraus. Im konkreten Beispiel könnte das körperliche Gefühl so gespiegelt werden:
„Deine Verspätung haben meine Muskeln im Nacken verspannt sein lassen. Innerlich bin ich etwas zusammengesunken.“
4. Feedbackregel: Wunsch oder Forderung für die Zukunft
Als Feedbacknehmer neigt (auch aus meiner eigene Erfahrung heraus) der ein und andere dazu, sein Verhalten zu erklären, weshalb es also zu der Verspätung kam. Das ist oft nicht nötig. In der Regel geht es (unbewusst) darum, dass das schlechte Gefühl, dass das Verhalten des Feedbacknehmers in uns verursacht hat, gesehen wird und der unser Gegenüber daraus für das nächste Mal lernt. Deshalb ist es im letzten Schritt hilfreich, unserem Gegenüber einen Wunsch/eine Lernaufgabe oder eine Forderung für die Zukunft mitzugeben.
Wunsch und Forderung unterscheiden sich darin, dass ein Wunsch unerfüllt bleiben kann, ohne dass es Konsequenzen für den Feedbackgeber hat. Hat der Feedbackgeber jedoch eine Forderung und wird diese nicht erfüllt, hat das typischerweise eine Konsequenz, zum Beispiel ein schlechtes Bauchgefühl, einer Verletzung, Wut oder Rückzug des Feedbackgebers. Sprich also deinen Wunsch bzw. deine Forderung aus und sage deinem Gegenüber auch, welche Konsequenz die Nichterfüllung der Forderung hätte. So schaffst du von Anfang an Klarheit für dich und dein Gegenüber.
Ein Rückmeldung in Form eines Wunsches könnte so angesprochen werden:
„Für die Zukunft wünsche ich mir, dass du pünktlich zu unseren Verabredungen kommst.“
oder als Forderung:
„Für die Zukunft fordere ich dich dazu auf, dass du zu dem vereinbarten Zeitpunkt zu unserer Verabredung kommst. Kommst du wieder unpünktlich, werde ich gehen.“
Praxistipps für dein Feedback
Praxistipp für den Feedbackgeber:
Übe Feedback zu geben. Beschreibe deine Wahrnehmung und vermeide Interpretationen, Wertungen und „Du bist“-Botschaften. Nutze deine 5 Sinne und beschreibe die Wirkung: Was hast du gehört, gesehen, geschmeckt, gefühlt, gerochen? Was hast du körperlich in der Situation gespürt? Was würdest du einem Arzt sagen, wenn gefragt würde, wo es dir weh tut?
Praxistipp für den Feedbacknehmer:
Höre zu und nimm das Feedback als Chance zu lernen wahr. Eine Erklärung für dein Verhalten ist in der Regel nicht erforderlich.
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