Ängste jeder Art sind für die Betroffenen normalerweise belastend und schränken das Leben ein, begrenzen die eigenen Möglichkeiten. Dazu gehört auch Platzangst. Ich hatte selbst Platzangst, ohne es zunächst zu wissen und habe nach mehreren Erlebnissen, bei denen ich ein Engegefühl hatte, 2019 nach der Ursache gesucht.
Dass Platzangst nachhaltig aufgelöst werden kann, zeigt das folgende Interview aus dem Sommer 2019 mit dem Hanseatischen Institut.
Das Interview findest du gekürzt und inhaltlich teilweise zusammengefasst direkt unter dem Video.
Interview mit dem Hanseatischen Institut
Randolph Moreno-Sommer (Randolph): Ein herzliches Willkommen, mein Name ist Randolph Moreno Sommer und ich bin SystemEmpowerer-Coach und Ausbilder im Hanseatischen Institut und neben mir sitzt Eileen Lachmann. Hallo Eileen.
Eileen Lachmann (Eileen): Hallo Randolph.
Randolph Moreno-Sommer (Randolph): Eileen ist heute zu Gast und ist SystemEmpowerer-Coach und Mediator und hat beide Ausbildungsgänge bei uns [Anm.: im Hanseatischen Institut] abgeschlossen. Eileen, du hast heute ein Thema mitgebracht. Um was geht es genau?
Randolph Moreno-Sommer (Randolph): Eileen ist heute zu Gast und ist SystemEmpowerer-Coach und Mediator und hat beide Ausbildungsgänge bei uns [Anm.: im Hanseatischen Institut] abgeschlossen. Eileen, du hast heute ein Thema mitgebracht. Um was geht es genau?
Eileen: Vielen Dank für die Einladung. Es geht um das Thema Enge.
"Wer hier Platzangst hat, ist verloren."
Eileen: Ich habe dieses Thema vor einiger Zeit vollständig aufgelöst, habe aber vorher Schleifen gedreht. Davon berichte ich heute gerne ein bisschen.
Randolph: Erzähl einfach mal. Wann ist das Thema das erste Mal aufgetreten. Und was für Schleifen hast du gedreht, um das letztendlich aufzulösen?
Eileen: Zum ersten Mal ist mir das Thema Enge begegnet vor rund 15 Jahren. Ich war in Rom und war mit meinem damaligen Freund im Vatikan, im Petersdom. Wir wollten die Kuppel hinaufgehen und mussten eine Wendeltreppe dafür hinaufgehen. Diese Wendeltreppe bzw. der Aufgang war relativ eng, was mir zu diesem Zeitpunkt gar nicht bewusst war.
Der Aufgang war wenig breiter als ich, nur geringfügig höher als ich. Das Ende dieser Wendeltreppe konnte man nicht sehen. In diesem Moment habe ich zu ihm gesagt: „Wer hier Platzangst hat, ist verloren.“. In diesem Moment schlug es zu wie ein Blitz und ich habe gespürt, dass ich keinen Schritt weitergehen kann. Ich habe gemerkt, ich muss raus, ich kann dort nicht mehr sein. Das ist zu eng. Ich bin dann gegen den Strom wieder zurückgegangen und habe mich geärgert, aber es ging nicht anders. Ich musste zurück.
"Schleifen" drehen
Eileen: Das Thema Enge habe ich das nächste Mal gespürt, als ich Ende 2017 ungefähr 25 Meter auf dem Meeresboden im Indischen Ozean saß. Ich war zwei Wochen auf den Malediven, habe bei einem Hilfsprojekt mitgearbeitet und wollte auch ein bisschen tauchen. Ich hatte vorher extra für diese Reise einen Tauchschein gemacht und saß also 25 Meter auf dem Meeresboden, war auf der einen Seite ganz fasziniert, hatte aber auf der anderen Seite immer wieder den Gedanken, wie viel Wasser über mir ist. Bei diesem Tauchgang ging es noch.
Beim übernächsten Tauchgang musste mich der Tauchlehrer nach oben bringen. Es war eine Art Panik, die mich befallen hat. Ich hatte im Kopf, dass ich, wenn mir etwas passiert, nicht ohne Weiteres an die Wasseroberfläche schwimmen kann, sondern muss in fünf Metern Tiefe einen Sicherheitsstopp einlegen. Das dauert also alles ein bisschen. In dem Moment spürte ich auch Enge. Es half nichts, ich musste dann leider nach oben. Der Tauchlehrer hat mich dorthin gebracht und hat mich abgelenkt.
Wir standen in einem hellen Raum voller Ausstellungsstücke und es gab einen kleinen Übergang in den nächsten Raum. Dieser nächste Raum war dunkel. Wir standen vor diesem Raum und haben beide einstimmig beschlossen, dass wir dort nicht hineingehen. Wir sind dann wieder zurückgegangen, haben nach einem Mitarbeiter gesucht, der uns helfen kann, einen anderen Ausgang zeigen kann, weil in dieser Ausstellung immer wieder darauf hingewiesen worden war, dass es nur diesen einen Weg gibt. Wir wussten aber, wir wollen dort nicht durch.
Die Museumsmitarbeiterin hat uns dann hineingeführt, hat vorher den Raum beleuchtet und sagte, dass das ein Schützengraben aus dem 1. Weltkrieg sei. Dort stand eine Figur, ein Soldat, den man rücklings sehen konnte. Als wir in diesem Schützengraben standen, sagte die Museumsmitarbeiterin: „Ja, jetzt müsst ihr euch noch vorstellen, dass ihr ungefähr bis zur Hüfte im Schlamm steckt.“.
Den Ursprung der Angst im Familiensystem finden
Ich wusste, ich möchte mich nicht beschränken, mich nicht begrenzen lassen. Ich möchte etwas tun. Also habe ich das Thema für mich bearbeitet. Ich bin zurückgegangen [Anm.: in meiner Familiengeschichte] bis zum 1. Weltkrieg und habe einen Schützengraben gesehen, in dem Vorfahren bis zur Hüfte im Schlamm steckten und nicht herauskamen. Da war das Thema wieder. Ich freute mich, dass das Thema endlich aufgelöst war.
Dann vergingen einige Monate und wenn ich an einem Raum in meiner Wohnung, der dunkel war, vorbeiging, hatte ich immer wieder den Gedanken: „Da steht jemand, gleich spricht jemand zu mir, schaut mich an.“. Ich wusste natürlich, dass das nicht sein kann. Trotzdem hat es mich nicht losgelassen und ist mir immer wieder begegnet. Ich habe nicht bewusst darauf geachtet, aber es war einfach da. Also habe ich mich noch einmal dieses Themas angenommen und war zu diesem Zeitpunkt gar nicht klar darüber, dass es mit den anderen Situationen [Anm.: Enge im Vatikan, auf dem Meeresboden und Schützengraben] zusammenhängt.
Randolph: Ach so, weil du das ja schon bearbeitet hattest.
Eileen: Eigentlich sollte das Thema ja nicht mehr da sein. Es war ja aufgelöst. Also habe ich mich wieder an die Arbeit gemacht, wieder mit Unterstützung, und bin nicht nur zurückgekommen bis zum 1. Weltkrieg, sondern ich sah plötzlich Vorfahren, ein Paar auf einem Feld, hatte aber keine Situation dazu.
Aus meinen Coachings war ich es gewohnt, dass Bilder kommen. In dem Moment sah ich Nebel. Wir haben dann den Weg genommen über die Verursacher. Es tauchten Soldaten auf diesem Feld auf. Und das Bild wurde immer ein Stück klarer.
Das Nächste, was dann passierte, war, dass mir langsam klar wurde, was auf diesem Feld beiden, also meinem Urgroßvater und der Urgroßmutter passiert war, dass da viel Hilflosigkeit war, viel Wut. Es ging auch um Todesangst. Wir haben zwei Flüche aufgelöst. Unter anderem, dass diejenigen, die den beiden so viel Schlimmes angetan haben, auch dieses Leid erleben sollen.
Randolph: Ah okay, das haben die denen gegenüber ausgesprochen.
Angst auslösende Verletzungen im System auflösen
Randolph: Noch einmal kurz zwischendurch gesagt: Wer sich jetzt wundert, von welchem abgefahrenen Film Eileen gerade erzählt und wo man den im Kino schauen kann.. Tatsächlich, so wie Du ja gerade gesagt hast, diese Bilder tauchen innerlich auf. In unserer Arbeit nutzen wir innerliche Aufstellungsarbeit.
Das bedeutet, ich kann alle möglichen Dinge und Menschen aufstellen. Als Beispiel, meine Eltern sind nicht da. Ich kann mir sie trotzdem innerlich hinter mir vorstellen. Oder meine Großeltern oder Urgroßeltern, aber auch alle Generationen davor. Wenn ich das mache, gibt es eine Art Verbindung dahin. Die Verbindung zu unserem Vorfahrensystem ist die stärkste, die wir haben. Und alle emotionalen Verletzungen, Wut, Trauer, Leid, alles was wir kennen, was unsere Vorfahren erlebt haben, steckt dort drinnen. Aber genauso alle positiven Dinge, wie Urvertrauen, Energie, Gesundheit, all das steckt auch da drinnen.
Jedes Mal, wenn es Themen gibt, so wie das Eingangsthema Enge, dann ist immer die Frage: „Wann ist das entstanden?“. Wenn man kein prägendes Erlebnis in seinem eigenen Leben findet, nutzt man innerliche Aufstellungen der Vorfahren, um zu schauen, wo ist es dort entstanden. Genau daher kommt dieser super abgefahrene Kinofilm, von dem gerade Eileen erzählt. Aber letztendlich geht es in ganz vielen Arbeiten immer wieder zu den Vorfahren zurück.
Wie du das beschrieben hattest, haben sie auf dem Feld dann einen Fluch ausgesprochen. Ein Fluch wurde dann ausgesprochen, wenn jemand Ohnmacht empfindet. Dann ist eine solch starke verletzte Energie da, dass normalerweise ein Ausspruch getätigt wird, der wie eine Verfluchung, eine Verwünschung ist. Das Problem ist, wenn deine Vorfahren jemanden verflucht haben, dass denen genauso das Leid geschieht, dass es immer gegenseitig wirkt. Das heißt, wenn ich jemanden verfluche, ist die Erfahrung, dass der Fluch auch auf den eigenen Familienstrang zurückwirkt.
Eileen: Ja, im Laufe dieser Arbeit bin ich von dort aus nach dem Auflösen der Wut, nach dem Auflösen der beiden Flüche weiter in die Zukunft gegangen, bin mit dem neuen Wissen, mit dem neuen Gefühl Situationen durchgegangen und kam dann bei dem vorhin schon beschriebenen Schützengraben an, bei meinen Vorfahren, bei dem Urgroßvater, der in diesem Schützengraben bis zur Hüfte tief im Schlamm stand. Und in dem Moment war mir klar, dass es zusammengehört. Ich hatte Schleifen gedreht. Das Thema war noch nicht völlig aufgelöst.
Endlich frei vom Engegefühl
Randolph: Und dann hast du auch das Erlebnis neu geprägt und neu angeschaut. Und wie hast du das dann gemerkt, dass das aufgelöst war?
Eileen: Ich habe es daran gemerkt, dass mir in meiner Wohnung diese Situationen nicht mehr passiert sind. Ich spürte kein Gefühl mehr von Enge, wenn ich beispielsweise im Fernsehen Szenen sehe, die unter Wasser gedreht worden sind. Und die Situation in meiner Wohnung gibt es auch nicht mehr, da ist also niemand mehr, der vielleicht in diesem dunklen Raum steht oder der mir etwas sagen will. Es ist einfach verschwunden. Es ist aufgelöst.
Randolph: Ja, wer jetzt vielleicht denkt, dass ist unglaublich, was es für ein Thema ist. Manche kennen das vielleicht gar nicht, aber manche würden es auch kennen. Ich hatte auch ähnliche Sachen in meiner Wohnung und zwar beobachtet werden zu sein und habe auch solche Träume gehabt und konnte es genauso auflösen. Das war keine schöne Situation. Ich bin sogar zweimal umgezogen. Nicht nur wegen dieses Themas. Aber ich dachte, das hängt bestimmt an der Energie von der Wohnung, von der Gegend.
Ich konnte zweimal umziehen, das hat nichts gebracht. Es geht darum, dass da irgendeine Ursache dahintersteckt, die eine Wirkung macht. Ich finde es dann immer wieder faszinierend, wenn man solche Geschichten teilt, dass doch andere Menschen, die das hören, die vielleicht ähnliche Erlebnisse haben, sagen: „Ja, stimmt!“. Du hast es vorbildlich gemacht, hast es dann genommen und hast mit dem Wissen, was du hattest und mit Unterstützung das aufgelöst.
Eileen: Genau, insofern auch hier einfach die Motivation darauf zu achten, was passiert. Welche Ereignisse sind in meinem Leben? Welche Gedanken, Gefühle kommen hoch? Dieses Gefühl von beobachtet sein hatte ich auch in diesen Momenten. Und es fühlte sich tatsächlich so an, dass dort jemand stehen muss. Aber vom Kopf her weiß man, das ist nicht so. Aber es kann zumindest darauf hinweisen, dass es ein Thema dazu gibt. Genau das dann einfach nehmen, sich über das Signal freuen, dass es da ist, dass man wieder etwas auflösen darf und weniger Beschränkungen im eigenen Leben hat.
Ich denke, das, was du gerade beschrieben hast, was ich gerade hier mit euch, mit dir teile, zeigt auch gut, dass es eine Beschränkung ist. Und dass es einen selbst beschränkt. Du bist umgezogen. Das habe ich nicht gemacht, aber ich habe mich in dem Moment nicht wohl gefühlt und es hat dazu geführt, dass ich im Petersdom diese Kuppel nicht hochgehen konnte, wie das mein damaliger Freund gemacht hat, der dann die Aussicht genossen hat, was mir verwehrt geblieben ist. Und ich habe schimpfend am Boden gestanden und konnte nur noch hochschauen.
Oder der Tauchgang, der mir auf den Malediven entgangen ist, wo ich hinterher nur gehört habe, wie viele tolle Fische und Rochen es auf diesem Tauchgang gegeben hat. Und es ist an mir vorbeigegangen. Ich konnte nicht, obwohl ich wollte. Und auch da spielt wieder für mich der Satz mit hinein, den wir oft sagen: „Wissen ist nur der Trostpreis.“.
Randolph: Dass man weiß, woher das kommt.
Eileen: Genau, dass man weiß, woher es kommt, reicht eben nicht aus, um das Thema aufzulösen.
Randolph: Genau. Ja. Geschichten gibt es, die wir in unseren Coachings jedes Mal wieder erleben. Und genau das ist immer wieder schön zu sehen, dass so etwas aufzulösen geht. Vielen Dank, dass Sie dabei gewesen sind. Und wir wünschen Ihnen alles Gute auf Ihrem Weg.
Vielen Dank, dass Sie dabei gewesen sind. Und wir wünschen Ihnen alles Gute auf Ihrem Weg.
Eileen: Alles Gute. Tschüss.
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